Biedermeierkleid

Im Rahmen der Führung durch das Textildepot in der Jebensstraße* hat uns die Kustodin Dr. Dagmar Neuland-Kitzerow unsere verborgenen Schätze gezeigt:

"Insbesondere möchte ich Ihnen, neben vielen interessanten textilen Objekten, ein Kleid aus dem Biedermeier vorstellen: aus Seide, von leuchtendem Gelb, bemalt und glücklicherweise noch recht gut erhalten. Gern erzähle ich Ihnen die Geschichte dieser Erwerbung und unsere Pläne für die Konservierung und Restaurierung dieses wirklich beeindruckenden Objekts.
Das Museum beherbergt dieses Kleid nun schon etliche Jahre und betreut es konservatorisch. Wir möchten es auch gern für die Sammlung erwerben und restaurieren."

Aufgrund der großzügigen Spende eines Mitgliedes ist der Erwerb und die Restaurierung des abgebildeten Biedermeierkleides schon jetzt möglich geworden.

* über die gut besuchte Führung in der Jebensstraße 2 in Berlin-Charlottenburg am
12. Juni um 19 Uhr können Sie einige Fotos sehen.
Dieses Biedermeierkleid dürfte um 1825 - 1830 für Karoline Friederike v. Schütze geb. Struensee v. Carlsbach (1787-1858) angefertigt worden sein.
 

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Sebnitzer Schattenspiel um 1900, MEK (I) 17/69
Vorlagen von Adolf Tannert, Scherenschnittkünstler

1. Provenienzgeschichte
Bereits vor einigen Jahren gelangte ein sehr interessantes und schönes textiles Objekt in die Sammlung des damaligen Museums für Volkskunde. Es ist ein Kleid aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: aus Seide, von leuchtendem Gelb und mit Heckenrosen bemalt.
Das Kleid gelangte aus dem Bestand des Heimathauses Schöneiche in die Sammlung. Dort hatte es viele Jahre in einer Truhe unter nicht optimalen Bedingungen für textile Materialien gelegen. Zwischen dem Heimathaus Schöneiche und dem MEK wurde vereinbart, daß das stark restaurierungsbedürftige gelbe Seidenkleid vom Museum erworben werden könne. Der Verein ist um Mithilfe gebeten, dieses Ziel zu realisieren, sowie die Kosten für Restaurierung und Konservierung - insgesamt ca. 1.500,-- € - zu übernehmen. (D. N-K)

2. Schöneiche
Schöneiche wird erstmals im Landbuch Kaiser Karls IV. aus dem Jahre 1375 erwähnt. 1429 wird erstmals ein Rittersitz erwähnt, die Keimzelle des späteren Rittergutes. Angesessen waren hier so bedeutende Familien wie die v. Lietzen, v. Krummensee und v. Röbel.
1761 erwarb es der Berliner Bankier und Geheime Kommerzienrat Friedrich Wilhelm Schütze (1717 - 1794). Von ihm hatte sich Friedrich der Große beträchtliche Summen Geldes geliehen, wofür er als einer der wenigen Bürgerlichen vom König die Ausnahmegenehmigung erhielt, ein "adeliges Gut" (= Rittergut) erwerben zu dürfen.

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Schloss Schöneiche, Parkseite, vor 1860


Schützes Sohn Friedrich Wilhelm (* 1745), der sich sondere Verdienste um die Förderung der Schiffahrt in Stettin erworben hatte, verstarb 1786 und hinterließ zwei Söhne: Friedrich Wilhelm (1780 - 1844) und Friedrich Wilhelm Ludwig (1782 - 1856). Diese wurden von König Friedrich Wilhelm II. wegen der Verdienste ihres Vaters am 17. November 1786 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Der ältere der beiden Söhne heiratete im Jahre 1804 Karoline Friederike Struensee v. Carlsbach (1787 - 1858), Tochter des Karl August v. Struensee (1735 - 1804), preußischer Staatsminister und Chef des Accise- und Zolldepartements. Nach dessen Tod erbte sein Bruder Friedrich Wilhelm Ludwig Rittergut Schöneiche, der es aber 1844 seiner Cousine, einer verehelichten Baronin Knobelsdorff, verkaufte. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges verblieb Rittergut Schöneiche im Besitz der Familie v. Knobelsdorff. 

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Schöneiche  Lageplan vom Schloss, Park und Dorf,
1779

Schloss Schöneiche mit Wirtschaftshof und Kirche
Luftbildaufnahme vor 1945

3. Die Trägerin
Das Kleid wirkt wie ein zarter Hauch, es ist gleichermaßen fragil wie anziehend. Die Trägerin war sehr zierlich, nach heutigen Begriffen könnte man sie wohl "Kindfrau" nennen.
Für die Datierung wichtig ist die Gürtung unter dem Busen sowie die kurzen, gebauschten Ärmel. Karoline Friederike Struensee v. Carlsbach (1787 - 1858) war siebzehn Jahre alt, als sie im Jahre 1804 Friedrich Wilhelm v. Schütze heiratete. Kleider der oben beschriebenen Struktur waren damals in Mode. Berühmtes Beispiel ist die Figur der Prinzessin Luise aus der "Prinzessinnengruppe" (1795 - 1797) von Johann Gottfried Schadow.

Das Motiv des unter dem Busen gegürtetem Kleides stammt aus der griechischen Antike und wurde für die europäische Mode "entdeckt", als Friedrich der Große im Jahre 1742 die Antikensammlung des französischen Kardinals Melchior de Polignac erwarb. Darunter befand sich auch die Statuengruppe "Achill unter den Töchtern des Lykomedes". Eine der Töchter trug ein wie oben beschriebens Kleid. Als die KPM im Auftrage des Königs Figuren der Gruppe herstellte, die als Tischschmuck geeignet waren, erlangte sie europäische Berühmtheit und ging in die Damenmode ein.

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Prinzessin Elisa v. Radziwill, um 1825 trägt ein Kleid
im gleichen Stil

Eine der Figuren aus der Gruppe "Herakles unter den Töchtern des Lykomedes", die am Ende des 18. Jahrhunderts das Aussehen der Damenmode bestimmten
 
 

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